von Timur Vermes, gelesen von Christoph Maria Herbst
Überraschend bot sich mir die Gelegenheit, das (gekürzte) Hörbuch hiervon auszuleihen und anzuhören. Und es hat sich gelohnt.
Das Buch handelt davon, dass Adolf Hitler im Jahr 2011 irgendwo mitten in Berlin wieder auf wacht und sich wieder auf den Weg macht, die Macht zu ergreifen. Die Art und Weise, wie dieser Hitler das macht, ist zwar konstruiert aber nicht unglaubwürdig und, wie ich finde, vom Autor sehr gut umgesetzt. Im Grunde findet man hier keine Witzfigur Hitler vor, auch gibt es nicht die “übliche” Person Hitler, wie sie in den meisten Dokus darüber zu finden ist oder wie ich sie aus meinem Geschichtsunterricht noch kenne: die Inkarnation des Bösen, die jeder eigentlich sofort erkennen müsste.
Das ist auch der beste Punkt an diesem Buch: dieser Hitler vertritt zu 100% all das, was Hitler und das dritte Reich eben ausmachte. Verachtung, Verfolgung, Vernichtung von allem, was ihm nicht passt. Und trotzdem fällt er nicht so auf, wie er sollte. Er fügt sich fast nahtlos ins Bild und alles Funktioniert. Seine Rhetorik ist gut und seine Scheinlogik fällt nicht unbedingt gleich auf, wenn man nicht selber darüber nachdenkt. Er weiß zu gefallen und ist meiner Meinung nach ein guter Lobbyist und würde durchaus Gehör finden. Und das ist gruselig. Das Buch beginnt sehr unterhaltsam und mit jedem Kapitel scheint der echte Hitler immer mehr durch und der Gruselfaktor steigt.
Einige Stellen ist es sehr konstruiert, z.B. als der Monolog über den Einmarsch in Polen am Ende mit der Pointe über eine türkische Blitzreinigung endet. Auch die recht häufigen Missverständnisse dürften in der Realität andere Reaktionen hervorrufen. Aber im Großen und Ganzen ist das alles durchaus vorstellbar. Selektive Wahrnehmung und das ignorieren von Aussagen, die einen selbst vermeintlich nicht betreffen, sind ja keine Krankheit, die 1945 plötzlich ausgerottet wurde.
Vor dem Hintergrund kann ich z.B. die Kritik in der Süddeutschen nicht verstehen, die schreibt: “[…]Vermes scheint sehr darauf zu vertrauen, dass sein Publikum schon auf der richtigen Seite stehen und in der Lage sein wird, das Gelesene zu reflektieren.[…]“
. Hat man hier Angst, die Propaganda könnte auf fruchtbaren Boden fallen? Meine Meinung: wenn das so ist, ist nicht die Propaganda das Problem, sondern der Boden!
Noch außerhalb des Inhaltes: Das Hörbuch ist gut gelesen, aber gerade am Anfang ist das starke “hitlerisch” vom Vorleser anstrengend. Entweder wird es später schwächer oder man gewöhnt sich einfach daran. Und was ist noch ungewöhnlich fand: das Hörbuch hat 6 CDs und ich habe irgendwann Nachts ohne hin zu sehen die CD gewechselt und deswegen CD 1, 2 und dann 6 gehört. Das fiel nur an genau einer Stelle auf, als von einer Frau die Rede war, die ich noch nicht kannte. Ob das jetzt für oder gegen die Qualität des Buches spricht… ich weiß es nicht. Die restlichen CDs hab ich mir dann anschließend angehört und es war auch kein Problem.
Fazit
Ein gutes Buch, was man gelesen/gehört haben sollte und für mich ein weiteres Puzzlestück zum Gesamtbild des dritten Reiches.